Sonntag, 26. Februar 2012

4. Etappe: von Schwäbisch Gmünd nach Heubach

Wegverlauf:
Schwäbisch Gmünd – Strassdorf – Kriegsebene – Weiler – Scheuelberg – Fastnethöhle - Heubach

Weglänge: 25 km


Ja, es hat geklappt. Nach 3 Wochen eisiger Kälte bin ich dann wieder auf den Remstalhöhenweg. In den 3 Wochen war ich nicht einmal wandern. Es war einfach zu kalt! Minus 10 bis minus 15 Grad. Da macht man doch lieber was anderes und igelt sich ein bisschen zu Hause ein. Wie groß war dann die Freude über den Wetterbericht von dieser Woche: nach Schneeschmelze in den unteren Lagen und Regen sollte es diese Woche nun sonnig werden und Temperaturen (zumindest tagsüber) leicht über null. Ich muss raus! Jetzt hält mich nichts mehr.

Der Wecker morgens allerdings schon fast. Durch die Pause bin ich so faul geworden, dass ich mich gefragt habe, was mich geritten hat für diesen Tag wandern zu wollen. Ich hab mich nochmals umgedreht. Aber zum Glück kannte ich das schon von anderen Wanderungen. Denn wen man dann mal unterwegs ist denkt man nicht mehr ans länger schlafen, dann will man nur noch raus.

Also wieder mit dem Zug nach Schwäbisch Gmünd und entlang dem Weg mit dem blauen Blaken zum Teilort Strassdorf / Ziegelhütte und dort dann weiter am Sportplatz vorbei über die Felder auf den Remstalhöhenweg. So früh am Morgen war es noch richtig kalt und ich war froh um Mütze und Handschuhe, aber bald war ich eingelaufen und hab sie nicht mehr gebraucht. Von hier oben hat man einen wunderbaren Blick auf die 3 Göppinger Hausberge: den Stuifen, Rechberg und Hohenstaufen. Warum man die Göppinger Hausberge nennt ist mir nicht ganz klar, man könnte sie genauso gut die Schwäbisch Gmünder Hausberge nennen, von der Stadt sind sie genauso weit weg wenn nicht gar näher. Für das Frühjahr nehme ich mir gleich eine Wanderung über alle 3 Berge vor. Das sollte von den Kilometern her machbar sein.

Von den Feldern dann erstmal wieder runter ins Tal (war ich nicht gerade eben erst hoch gelaufen?!), vorbei am Krematorium. Als ich dort lief wurde gerade ein Sarg ausgeladen und aus dem Kamin kam Rauch. Eine komische Vorstellung, dass der Rauch von Menschen stammt. Sehr diskret gemacht das Krematorium. Für ein modernes Krematorium finde ich es richtig gut. (Zugegebenermaßen kenne ich bisher nur das Stuttgarter auf dem Pragfriedhof, das wie ein Gebäude aus Gotham City aussieht.)

Weiter geht es über Felder. Ich höre die Vögel zwitschern, wie sie sich auf den Frühling freuen. Die ganze Zeit während der Eiseskälte habe ich sie nicht gehört. Wie schön sie wieder zu hören. Wenn man in die Hocke geht und ganz leise ist, hört man es knacken und knistern, wie in der Sonne der Raureif und das Eis über dem Acker schmilzt. An anderen Stellen finde ich zugefrorene Pfützen, lang gezogene eisbedeckte Furchen am Wegrand. Ich hinterlasse eine Spur der Verwüstung. Ich kann Euch sagen, das macht süchtig – mit Wucht reintreten, oder einfach nur drauf stehen und es knacken hören wie das Eis bricht. Eins nach dem anderen, und so viel Eis! An dem Acker, an dem ich vorbei gelaufen bin ist keine einzige Eisplatte mehr ganz. Passend zum heutigen Faschingsdienstag treibe auch ich auf meine Art den Winter aus :-)

Nun geht es bergan zum Wald. Der Weg ist teilweise spiegelglatt. War der Schnee unten im Tal bereits komplett verschwunden nimmt er nun mit den Höhenmetern zu und außerdem gibt es auf dem Weg jede Menge Eis. Teilweise ist der Weg komplett unter einer zentimeterdicken Eisschicht begraben. Man kann nur langsam und vorsichtig laufen. Es sieht aus wie wenn der Schnee angetaut wäre, den Weg hinuntergeflossen und dort wieder als Wasser gefroren.

Und dann beginnt die Kriegsebene. Ich habe es wohl auf der Karte gelesen, aber was ich hier sah, hatte ich nicht erwartet. Unzählige Bunker. Man sieht auch noch genau wo die Schützengräben waren. „I will never understand how man can see the wisdom in a war“ summe ich vor mich hin. Ich kann mich genau erinnern, als ich diese Liedzeile auf einem Chris deBurgh Konzert in der Liederhalle gehört habe. Das Publikum kannte das Lied natürlich und es herrschte absolute Stille, als er diesen Satz sang. Und anschließend zustimmender respektvoller Applaus. Gänsehaut. An einem Bunker finde ich eine Hinweistafel, die beschreibt, dass heute Fledermäuse in den Bunkern überwintern und auch im Sommer hier Rast machen. Eine friedliche Nutzung. Warum nicht gleich so?

Von der Kriegsebene geht es in einem lang geschwungenen Weg den Berg runter. Die Winterlandschaft sieht hier herrlich aus. Unten bei den Steinbacher Höfen liegt aber kein Schnee mehr. Hier mache ich auf ein paar Baumstämmen Rast und genieße die Sonne am klaren blauen Himmel. Auch wenn es mir hier gefällt muss ich irgendwann weiter.

Ich komme an einem Stall und einer Weide vorbei, auf der Hochlandrinder stehen! Sie schauen mich neugierig an, ich sie auch. Die zotteligen Haare hängen ihnen bis über die Augen. Dass die mich überhaupt sehen können! Stolze Hörner haben sie. Eine gescheckte Katze lässt sich wenig davon beeindrucken und sonnt sich auf Baumstämmen.

Dann geht es durch den schönen Ort Weiler. Überall auf den Straßen liegt noch Konfetti vom Fasching. Und kaum geht es wieder aus dem Ort raus und den Berg rauf, liegt wieder Schnee, wie wenn es keine Landschaft ohne Schnee gäbe. Der Schnee glitzert in der Sonne.

Und dann ein magisches Erlebnis: ich stoße auf den HW1, den Albnordrandweg, den ich letztes Jahr gelaufen bin (siehe mein Blog Albumrundung). Was für ein Gefühl das rote Dreieck wieder zu sehen! Auf den Wegweisern steht woher der Weg kommt, den Bargauer Kreuz. Ja, daran kann ich mich erinnern. Phantastisch. Und ich weiß auch noch wie es weiter geht. Vor meinem inneren Auge sehe ich es schon. Der Remstalhöhenweg läuft jetzt eine zeitlang auf dem HW1. Ich bin gespannt an was ich mich noch erinnern kann. Und es ist eine Menge wie sich herausstellen wird.

Es geht das Himmelreich rauf. Ein alter Mann fragt mich wie weit es noch ist. Seine Frau ist schon weiter oben und ruft ihn. Die beiden wollen dort einkehren. Na, ob die Gastätte zu der Jahreszeit auf hat? Das bezweifle ich. Die Frau ist jedoch sicher, dass es so sein wird und keift zu ihrem Mann er solle kommen, sie sähe es schon. Er will’s ihr nicht glauben. Ob sie je oben angekommen sind weiß ich nicht. Jedenfalls hat das Ding wie vermutet zu und ich laufe weiter und setze mich auf eine Bank mit einem phantastischen Ausblick. Vor einem Jahr lag ich hier und habe eine Weile geschlafen. Die Erinnerung kommt gleich. Auch als ich in eine kleine Senke wandere bevor es auf den nächsten Berg geht: hier stand ich und hab ein Photo gemacht. Ich versuche das gleiche Photo zu machen und vergleiche es später zu Hause: einmal im Sommer aufgenommen und einmal im Winter. Faszinierend.

Weiter geht es zum Scheuelberg. Hier liegt richtig viel Schnee und das Wandern ist anstrengend. Egal, das gibt Kondition! Es geht einen langen Waldweg entlang bis ich wieder zu einer Bank mit Aussicht komme: direkt über Heubach. Man sieht auch gut den Rosenstein, auf den ich mich schon sehr freue, weil mir letztes Jahr die Höhlen dort so gut gefallen haben. Da es erst 14 Uhr ist und ich an diesem Tag nicht weiter als Heubach wandern kann, da die nächste Stadt, von der es sinnvolle Busverbindungen gibt, zu weit weg ist, bin ich etwas enttäuscht. Schon fertig für heute? Mist. Ich lese ein wenig auf der Bank und genieße die Aussicht.

Auf der Karte habe ich morgens schon gesehen, dass es hier 3 Höhlen am Berg gibt. Aber kein rechter Weg zu ihnen. Wie ich die wohl bei dem Schnee finden kann? Zeit hätte ich. Ich laufe den schmalen, vereisten Serpentinenweg den Hang runter. Auf dem Weg selbst kann man nicht laufen, wenn man nicht abrutschen will. Ich beschließe gleich für den folgenden Tag nicht die nächste Etappe zu laufen, weil ich weiß, dass es dort auch solche Wege gibt, und habe schon eine Alternative in niederen Lagen parat, die hoffentlich eisfrei zu laufen sind (nicht ganz wie sich herausstellen wird, aber dazu beim nächsten Mal mehr). Ich laufe neben dem Weg direkt an der Schräge, was im Sommer undenkbar wäre. Aber der vereiste Schnee hält einen gut. Als der Weg eine 180 Grad Kurve macht entscheide ich mich den Hang querfeldein runter zu gehen anstatt um die Kurve zu rutschen. Es ist verdammt steil. Aber der Schnee hält mich. Genial. Und dann sehe ich Wildspuren und es sieht aus wie wenn hier ein uralter schlechter Weg am Hang entlang geht. Der Schnee hält ja gut, also laufe ich los. Das könnte die Höhe sein, in der die Höhlen zu finden sind. Und Wildtiere können sich bestimmt auch im Winter daran erinnern wo die Wege unter der Schneedecke sind. Es ist schwierig hier zu laufen. Es ist tatsächlich ein alter Weg, aber in einem ganz schlechten Zustand. Er ist schmal und manchmal schon wieder vom Hang verwischt und kleine Bäume und Sträucher wachsen schon wieder dort. Ich rutsch ein paar Mal, gehe aber weiter, freue mich über das Abenteuer. Dann wird der Weg wieder besser und es gibt auch menschliche Spuren darauf. Aber er führt nach oben! Halt, ich wollte doch auf halber Höhe bleiben!

Und dann sehe ich von rechts einen Jogger kommen. Ja, richtig! Ein Jogger auf dem Berg bei Schnee und Eis. Ich spreche ihn auf die Höhlen an und frage ihn wie man sie findet. Erst ist er ein bisschen wortkarg, aber dann kommt er richtig in Schwung. Die Fasnetshöhle seit toll, da habe er schon öfter übernachtet. Und die Jakobshöhle finde ich durch ein Metallseil, das den Weg nach unten begleitet. Und dann muss ich hier runter und dort rüber, dann wieder hoch, 300m weiter und wieder runter. Er erzählt mir dann noch von den Höhlen am Rosenstein und ich bin rundum informiert von einem echten Outdoorler der Ostalb! Genial.

Ich mache mich also auf die Suche nach der Fasnethöhle. Nicht so einfach, weil die Wege nach Aussage meines Joggers kaum begangen sind und bei Schnee eh nicht zu finden. So folge ich seinen Erklärungen und gehe an der Stelle, an der ich den Weg vermute steil den Hang runter. Nur der Schnee hält mich. Noch beim runter laufen denke ich mir – das musste ja nachher alles wieder hoch! Na egal, ich wollte Abenteuer, nun habe ich es. Ich sehe links eine Wildspur und folge ihr und finde am Fels tatsächlich eine Höhle! Ich bin begeistert! Ob es nun die Fasnetshöhle ist kann ich natürlich nicht mit Bestimmtheit sagen, aber es ist eine Höhle! Und man könnte auch darin übernachten. Auf dem gleichen rutschigen Weg zu meinem steilen Weg zurück gehe ich noch tiefer den Hang hinunter, da rechts auch Felsen zu sehen sind. Auch dort biege ich auf einer Wildspur ab. Aber die ist gar nicht so einfach zu laufen! Und der Hang ist steil, verdammt steil! Meine Abenteuerlust lässt mich weiter gehen als ich sollte und ich rutsche ab, kann mich jedoch fangen, merke aber gleich, dass ich mich am Pomuskel gezerrt habe. Ich kann von Glück sagen, dass ich nicht weiter abgerutscht bin, das hätte gefährlich werden können. Ich verharre erst einmal, um den Schrecken zu verdauen und wieder zur Ruhe zu kommen. An ein Weiterkommen ist nicht zu denken, wenn ich nicht nochmals abrutschen will. Zu steil, und matschig unter dem Schnee. Bei trockener Witterung und mit Stöcken im Gepäck hätte ich es gewagt, aber ich muss eingestehen, dass es besser ist umzukehren, auch wenn mir das gar nicht passt. Die ersten Meter zurück sind schwer. Jeder Schritt mit dem Bein der Zerrung am A… tut weh. Und es ist rutschig. Nun bin ich vorsichtiger als zuvor. Aber ich schaffe es gut zum steilen Weg zurück. Ich habe die Handschuhe angezogen und stütze mich zusätzlich mit den Händen, da ich so am Berg einen besseren Halt habe. Das funktioniert ganz gut, da ich so wieder die Eigenschaft des leicht vereisten Schnees nutze, mich zu halten. Den steilen Weg gehe ich zunächst aufrecht, merke aber, dass es verdammt anstrengend ist und die Zerrung tut ihr übriges. Und der Weg ist weit den Berg hinauf! Vielleicht wäre es an dieser Stelle leichter gewesen nach unten zu laufen. Aber so habe ich nochmals die Hände zu Hilfe genommen und schon kam ich besser voran. Oben angekommen brauche ich dringend eine Pause. Das hat ordentlich an den Kräften gezehrt. Natürlich wäre ich nun noch gerne zur Jakobshöhle gegangen, den Weg mit dem Metallseil suchen, aber die Zerrung macht das unmöglich. Ich frage mich, ob ich die morgige Tour überhaupt laufen kann.

Schließlich siegt die Vernunft und ich laufe wieder zu der Bank mit Aussicht auf den Rosenstein. Die Rast dort genieße ich nochmals und steige dann nach Heubach ab. Am Rathaus angelangt habe ich Glück und es fährt 10 Minuten später ein Bus Richtung Schwäbisch Gmünd (Stadtbus Nr. 1) wo ich in den Zug umsteige.

Auf der Fahrt nach Schwäbisch Gmünd rein sehe ich schon wie die Menschen die Straßen säumen. Es ist Faschingsumzug! Als ich an dem Gleis stehe sehe ich auch schon erste Gruppen ankommen. Der Umzug ist vorbei, und nun fahren einige mit dem Zug nach Hause. Die Hexen steigen mit ihren Masken mit mir in den Zug ein. Die Kapelle mit dem Glockenspiel läuft spielend durch die Unterführung auf die andere Seite des Bahnhofs. Richtig gute Stimmung.

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